Seit 1990 herrscht in Chile wieder Demokratie. Zuvor hatte der Diktator Augusto Pinochet ab 1973 regiert. Die Chilenen sind immer noch geteilter Meinung, was den früheren Präsidenten betrifft: für die einen bleibt Pinochet ein Mörder, für die andern der "Retter des Vaterlandes". Fakt ist, dass unter seiner Herrschaft mehr als 3000 Personen spurlos verschwanden oder getötet wurden. Die genaue Zahl ist bis heute noch nicht ermittelt. An die 20.000 Menschen flohen ins Exil.
Der politisch linksorientierte Salvador Allende gewann im September 1970 die Präsidentschaftswahlen in Chile. Seine "Verstaatlichungspolitik" betraf vor allem die Kupferindustrie, welche die Haupteinnahmequelle des chilenischen Exports war. Ungefähr 80 Prozent davon befanden sich in den Händen US-amerikanischer Konzerne. Allende wollte Chile damit international, und vor allem von den USA, unabhängiger machen. Die wirtschaftliche Lage verschlechterte sich daraufhin drastisch: die Inflationsrate stieg immens; die USA verhängte ein Handelsembargo. Am 11. September kam es zum Militärputsch unter der Führung Pinochets, was für viele sehr überraschend war, da man ihn doch bisher zu den Vertrauten Allendes zählte. Dieser hatte ihn auch kurz zuvor zum Befehlshaber des Heeres ernannt. Salvador Allende kam bei dem Putsch unter bisher ungeklärten Umständen ums Leben. Gleich nach der Machtübernahme wurden alle anderen politische Parteien verboten und Oppositionelle verhaftet, gefoltert und getötet. Pinochet bescherte seinem Land mit der Einführung neo-liberaler Wirtschaftspolitik ein hohes Wirtschaftswachstum. Allerdings wurde die Kluft zwischen Arm und Reich immer größer und außenpolitisch wurde Chile fast völlig isoliert.
Bei der Abstimmung 1988 ging es darum, ob er der einzige Kandidat für die Präsidentschaftswahlen 1989 sein dürfte. Die Mehrheit, 55 Prozent, sprach sich dagegen aus. 1990 wurde er von Patricio Aylwin als Präsident abgelöst, jedoch blieb er (aufgrund seiner selbst eingeführten Verfassung von 1980) Senator auf Lebenszeit. 1998, während einem Aufenthalt in Großbritannien, wurde er von der britischen Polizei verhaftet. Dem ging ein Auslieferungsantrag des spanischen Richters Garzón voran, der schon seit längerer Zeit gegen ihn wegen Völkermord ermittelt hatte. Auch andere Länder stellten einen Auslieferungsantrag, woraufhin Chile, wie auch die USA und der Vatikan, die Freilassung forderten. Nach langem hin und her wurde er im März 2000 nach zweijährigem Hausarrest in England freigelassen und er kehrte nach Chile zurück. Im Juni desselben Jahres wurde seine Immunität als Senator auf Lebenszeit aufgehoben. Der Untersuchungsrichter Juan Guzmán Tapia versuchte im Januar 2001 wegen Menschenrechtsverletzungen gegen Pinochet zu ermitteln, was jedoch aufgrund der "Altersdemenz" des Ex-Diktators scheiterte. Seit im August diesen Jahres endgültig seine Immunität, auch als ehemaliger Staatspräsident aufgehoben wurde, wird geprüft, ob Pinochet verhandlungsfähig ist.
Aktuell wurde das Thema wieder, als eine Untersuchungskommission des US-amerikanischen Senats bekannt machte, dass Pinochet in den USA und England Konten auf der Riggs-Bank über mehrere Millionen Dollar hatte. Diese Nachricht führte dazu, dass viele Politiker, die Pinochet nahe standen, sich von ihm endgültig distanziert haben. Es ist schwer zu glauben, dass Pinochet auf legalem Wege die Gelder erworben hat.
Natascha Hog - Santiago, Chile