Da ich so ganz am anderen Ende der Welt lebe, vermisse ich die ganz natürlichen Sachen wie Esse am Meisten. Manche von ihnen kann ich ersetzen oder finde eine Möglichkeit das Bedürfnis doch zu stillen, indem mir Bekannte hin und wieder ein Paket schicken.
Ich lebe nun schon seit dreizehn Jahren in Chile, und wenn ich etwas vermisse, dann sind es meine Schwäbischen Maultaschen! In Stuttgart aufgewachsen, gab es in meiner Kindheit wohl kaum einen Monat, ohne dass Maultaschen auf den Tisch kamen, doch seit meiner Auswanderung nach Südamerika sind mir diese leider verwehrt.
Hin und wieder flog ich zwar mal zu Besuch nach Stuttgart und sättigte meine Maultaschenlust, doch genug war es noch lange nicht, zumal ich nun schon seit 5 Jahren nicht mehr in Europa war.
So manche deutsche Spezialitäten kann man hier in Chile besorgen, Spätzle, Fleischkäse und Weißwurst sind kein Problem, doch alles andere ist sehr schwer oder gar nicht zu finden. Auch manche Zutaten sind hier einfach nicht vorhanden, das macht das selber Kochen also sehr schwer, wenn nicht unmöglich.
Die Sehnsucht nach meinen Schwäbischen Maultaschen war so groß, dass ich nach jahrelangem mich davor Drücken nun endlich zum Entschluss kam: “Ich werde echte Schwäbische Maultaschen kochen!“
Davon war ich überzeugt, blieb nur eine Frage offen: Wie soll ich das machen, und woher soll ich hier in Chile Brät herzaubern?
Mein Heimweh, als Maultaschen verkörpert, brachte mich also dazu, im Internet verschiedene Rezepte anzusehen und zu schauen, welches von ihnen für den Anfänger geeignet und vor allem in Chile machbar ist. In allen Rezept fand ich nur eine unmögliche Zutat: das Brät. Schnell jedoch fiel mir ein, ich könnte es doch mit Chorizo ersetzen, die sind zwar rot und nicht weiß, etwas schärfer, ist aber im Endeffekt das einzig Ähnliche, das ich hier finde. (Chorizos sind Würstchen aus Schweinefleisch, das die Spanier in Südamerika eingeführt haben, und das heute bei keinem Asado fehlen darf.)
Also schnell eine Einkaufsliste machen, zum Supermarkt rennen und das einkaufen was für die Maultaschen fehlt. “Verdammt!!!“ Den Schnittlauch, der in die Brühe kommt, gibt’s zu dieser Jahreszeit hier nicht, und nu?
-na ja wohl ohne Lauch, muss wohl sein.
Daheim angekommen, fängst schon an, wie bekomme ich den Teig zustande, ich bin zwar ein ganz guter Koch, doch von Teigen habe ich keine Ahnung. “Wie krieg ich diese Chorizos klein, mit den Fingern zerdrücken? Ob das Brät auch so schwer aus der Bratwurst rauskommt?“ Bloß nichts vergessen....ach das alte Brötchen muss noch rein.. so und jetzt die Maultaschen formen und in die Brühe schmeißen.
Bis zu diesem Augenblick dachte ich immer noch, ich würde es wohl nicht schaffen, selbstgemachte Maultaschen zuzubereiten. Doch als ich sie in der Brühe sah und mein bolivianischer Schwager mich fragte, was die Empanadas (Teigtaschen, mit kleinen Rezeptvariationen in ganz Südamerika verbreitet) denn in der Suppe machen wurde mir klar, dass meine Maultaschen zumindest schon mal wie Maultaschen aussahen. Etwas groß, das ja, aber so wie das, was da im Topf schwimmt, so sehen Maultaschen aus.
Leider ohne den Schnittlauch nun servieren und die Jury meiner Schwester über mich ergehen lassen.
Sie schaut erst etwas skeptisch, schimpft über die viel zu großen Taschen, der zu dicke Teig, die zu groß geschnittenen Zwiebeln, doch dann auf einmal schreit sie: „Mann die schmecken ja doch ganz genau wie echte Maultaschen!!“ Beide sassen wir bei Tisch mit einer Freude und Genuss! Ich hatte es geschafft, meine Lieblings-Schwaben-Spezialität selber hier in Chile zu kochen. Meine Schwester sprang sogar auf und holte aus dem Küchenregal ein Buch schwäbischer Küche und sang laut vor:
- „No bevor´s Oschtre isch,
kommet Maultasche uff d´r Tisch!
Des isch bei ons emmer so,
weil des isch a Traditio!
Wenn i maultasche ess,
älles and´re i vergess!
Mir isch´s na au ganz egal,
kommet se von Italia oder Ural!
Manche Leit behauptet au,
d´ Gräfin Maultasch sei d´ Stammfrau
S´ Ällerbeschte wär´s na schon,
se stammet aus Maulbronn!
En d´r Bria oder g´schmälzt,
mit Salat ond en d´r Pfann romg´wälzt.
Wichtig isch für mi alloi,
was drinna isch – m´r sieht net nei!“
Wenn es Euch genauso geht wie mir, dass Ihr einer Eurer Mahlzeiten aus den Tagen in Südamerika hinterher weint, besucht doch unsere Rezepte und versucht sie es selber herzustellen. Viel Spaß und Erfolg beim Sammeln der Zutaten im Supermarkt.